Selen ist ein essentielles Spurenelement und zentraler Bestandteil zahlreicher Proteine im Körper. Eine Vielzahl dieser sogenannten Selenoproteine ist in Entgiftungsmechanismen involviert [Vallee und Falchuk, 1993; Flohe et al., 1973]. Selenabhängige Glutathionperoxidasen neutralisieren Peroxid-Radikale und sind in den Mitochondrien, im Zytosol, der Darmschleimhaut und generell an Lipidmembranen als ein wichtiger Bestandteil des körpereigenen Schutzsystems gegenüber oxidativen und toxischen Substanzen wie (Methyl-)Quecksilber und weiteren Umweltschadstoffen, lokalisiert [Rotruck et al., 1973; Gaetani et al., 1989; Branco et al., 2012; Freedman et al., 1989; Parizek, 1978]. Die antioxidative Kapazität der Glutathionperoxidase ist auch in der frühen Phase der Spermatogenese für die Bewegungsfähigkeit der Spermien von Bedeutung [Ashan et al., 2014]. Selenabhängige Enzyme sind auch Dejodasen, die in der Schilddrüse die Umwandlung des Schilddrüsenhormons Thyroxin (T4) in die aktive Form Trijodthyronin (T3) katalysieren [Gröber, 2009]. Die Schilddrüse ist das Gewebe mit der höchsten Selenkonzentration [Drutel et al., 2013]. Selen schützt die Schilddrüsenzellen vor der radikalen Sauerstoffverbindung Hydrogenperoxid, die von der Thyreoperoxidase für die Synthese von T3 und T4 aus Jodid und Thyreoglobulin benötigt wird. Zudem zeigen Studien eine positive Wirkung einer Selen Langzeiteinnahme bei Hashimoto-Thyreoiditis [Wichman et al., 2016]. Für eine adäquate Immunfunktion ist eine gute Selenversorgung wichtig. Studien zeigen eine Verbesserung der Immunfunktion [Rayman, 2000]. Selen verbessert die Bereitschaft der Lymphozyten zu proliferieren und zu zytotoxische Effektorzellen zu differenzieren [Wang et al., 1992]. Selen steigert signifikant die Tumortoxizität humaner Killerzellen und die Aktivierung von Untereinheiten des IL2-Rezeptors auf aktivierten Lymphozyten und NK-Zellen [Kiremidjan-Schumacher, 1997]. Dies führt zu einer größeren Anzahl funktionstüchtiger IL2-Rezeptoren pro Zelle und einer erhöhten Anzahl zytotoxischer Vorläuferzellen. Selen schützt vor einigen Krebserkrankungen [El-Bayoumy, 2001] und wird bei Tumorpatienten adjuvant bei sekundären Lymphödemen gegeben [Zimmermann et al., 2005; Pfister et al., 2016]. Auch bei chronisch entzündlichen Erkrankungen wie rheumatoider Arthritis [Tarp, 1994] oder Morbus Crohn [Rannem et al., 1992] werden oft niedrige Selenspiegel gefunden und die Patienten profitieren von Selengabe. Es gibt zudem vielfältige Evidenzen für positive Wirkungen von Selen auf die Gehirnfunktion, vor allem bei Schwindel, Koordinationsstörungen, Morbus Parkinson, bei altersbedingen Kognitionsstörungen und bei nachlassender Nierenfunktion [Whanger, 2001; Ellwanger et al., 2016; Dominiak et al., 2016]. Signifikant niedrige Selenspiegel im Serum wurden bei epileptischen Schwindelanfällen gefunden [Ashrafi et al., 2007].