Die Passionsblume (Passiflora incarnata L.), die ursprünglich aus Amerika stammt, ist eine Heilpflanze mit bekanntlich beruhigender Wirkung [Dhawan et al., 2004]. Seit dem 20. Jahrhundert wird das Passionsblumenkraut in Europa als Arzneidroge zur Behandlung von Anspannung, Ruhelosigkeit, Angstzuständen, depressiven Verstimmungen und Einschlafstörungen eingesetzt [ESCOP Monographs, 2003; Kommission E des BGA]. Heute ist bekannt, dass die Wirkung von Passionsblume auf der Interaktion mit dem Stoffwechsel des Botenstoffes gamma-Aminobuttersäure (GABA) beruht. Bei GABA handelt es sich um den wichtigsten endogenen inhibitorischen Neurotransmitter im zentralen Nervensystem, der zahlreiche Verhaltensmechanismen und kognitive Prozesse moduliert. Nervöse Unruhe, Depression, Angst und Schlaflosigkeit stehen im Zusammenhang mit einem niedrigen GABA-Spiegel [Möhler, 2012; Winkelman et al., 2008]. Neuere Untersuchungen belegen, dass Passionsblumen-Extrakt die Wiederaufnahme von GABA in Cortex-Synaptosomen der Ratte hemmt und ähnlich wie Barbiturate an GABA-A-Rezeptoren bindet [Appel et al., 2011]. Speziell das Flavonoid Chrysin steht im Verdacht durch Bindung an GABA-A-Rezeptoren die beruhigende Wirkung der Passionsblume zu vermitteln [Zanoli et al., 2000]. Ferner gilt die Passionsblume als GABA-B-Rezeptor-Antagonist, was vermutlich deren antidepressive Wirkung erklärt [Appel et al., 2011]. Antagonistische Effekte am Adenosin-A1-Rezeptor sind ebenfalls vermutlich für die angstlösenden und kognitionsfördernden Eigenschaften von Passiflora verantwortlich [Maemoto et al., 2004; Hoffmann et al., 2014].