Bakterien sind normale Mitbewohner des menschlichen Gewebes einschließlich der Haut sowie des Urogenital-, Respirations- und Gastrointestinaltraktes, wobei die weitaus größte Menge den Darm besiedelt. Darmmikroben können kommensal (native Besiedelung) oder transient (vorübergehende Besiedelung) im Darm verweilen und zuträglich oder pathogen sein. Normalerweise fermentieren kommensale Bakterien Kohlenhydrate zur Energiebereitstellung für die Enterozyten, produzieren keine Toxine und haben potentiellen Nutzen für den Wirt durch Hemmung von pathogenen Keimen und Interaktionen mit dem Immunsystem. Zu diesen Mikroben zählen Bifidobakterien und Laktobazillen [Bajaj et al., 2015]. Schon Anfang des letzten Jahrhunderts wurden diese sogenannten Probiotika zur Verbesserung der Darmfunktion therapeutisch eingesetzt. Der Nutzen besteht darin, dass sie das Darmmilieu durch Bildung von Laktat und Acetat ansäuern, bakterienwachstumshemmende Substanzen wie H2O2, Bacteriocine und organische Säuren produzieren, die Adhäsionsstellen für pathogene Bakterien, sowie Toxine und Toxinrezeptoren blockieren und den Immunresponse des Wirts an und hinter der Darmbarriere (mucosaassoziiertes Immunsystem) modulieren [Derrien et al., 2015]. So weiß man, dass Bifidobakterium longum ssp. infantis bei Kindern vor Rotavirusinfektionen schützt [Muñoz et al., 2011] und die Zufuhr von Laktobazillen (z.B. Lactobacillus rhamnosus) eine Verbesserung der Symptomatik bei Antibiotika-assoziierten Durchfällen bewirkt. Zahlreiche Studien mit Mischungen aus Bifidobakterien und Laktobazillen zeigen bei Clostridium difficile-assoziierter Diarrhö [Hell et al., 2013], Colitis ulcerosa und Pouchitis (nicht bei Morbus Crohn) [Penner et al., 2005], eine verbesserte Remission. Zahlreiche positive Effekte bei Allergien, Pseudoallergien, Neurodermitis, Ekzemen und Unverträglichkeiten sind heute bekannt und immunbiologisch bereits gut dokumentiert. Besonders zu erwähnen sind hier die Bakterienstämme Lactobacillus rhamnosus und Bifidobacterium longum [Yang et al., 2015; Kim et al., 2016; Dev et al., 2008; Takahashi et al., 2006; Forsythe et al., 2012; Wickens et al., 2008; Pelto et al., 1998; Toh et al., 2012; Xiao et al., 2007]. Es gibt klinische Evidenz, dass die Zufuhr von Laktobazillen und Bifidobakterien Ängste und Stress reduzieren [Foster und McVey Neufeld, 2013; Dinan und Cryan, 2012; Cryan und Dinan, 2012] und die Stimmung bei Colon irritabile-Patienten und bei chronisch erschöpften Patienten verbessern. Eine Kombination von Lactobacillus helveticus und Bifidobacterium longum reduzierte in einer Humanstudie Angstzustände, hatte positive psychische Effekte und senkte Cortisol [Luna und Foster, 2015]. Es gibt auch Evidenzen, dass Probiotika, zum Beispiel Lactobacillus helveticus oder rhamnosus und Bifidobacterium longum, Ängste reduzieren können [Zhou und Foster, 2015]. Die Effekte sind noch nicht hinreichend aufgeklärt, aber die Modulation von systemischen inflammatorischen Zytokinen und oxidativem Stress kann potentiell zu einem Anstieg von BDNF (brain derived nuclear factor), einem Faktor, der Einfluss auf Depression und Ängste hat, führen [Oriach et al., 2016]. Laktobazillen und Bifidobakterien sind in der Lage, Glutamat direkt zu GABA zu verstoffwechseln. Auch der Einfluss von Laktobazillen auf die Expression von GABA-Rezeptoren wirkt sich auf angst- und depressions-ähnliches Verhalten aus. Die parasympathische Innervation (Nervus vagus) spielt hier eine tragende Rolle bei der Interaktion zwischen der Mikrobiota und dem Gehirn.