Der gelbe Enzian (Gentiana lutea) ist eine traditionelle Bitterstoffdroge und wird in der Pflanzenheilkunde den „Amara pura“ (reine Bitterstoffdrogen) zugeordnet. Traditionell werden Auszüge der Wurzel (Gentianae radix) als appetitanregende Tonika, zur Stärkung von Leber und Galle und zur Behandlung von Verdauungsbeschwerden (Dyspepsie) eingesetzt [Wölfle & Schempp, 2018; De Vita et al., 2021; Jiang et al., 2020]. Wurzelauszüge aus gelbem Enzian sind vom „Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel“ (HMPC) der europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) als traditionelles Arzneimittel zur Behandlung von dyspeptischen Beschwerden eingestuft und auch durch die „Europäische wissenschaftliche Genossenschaft für Phytotherapie“ (ESCOP) und der deutschen Kommission E ähnlich bewertet [EMA, 2018; ESCOP, 2014; BGA/BfArM, 1985]. Zusammen mit Wermut gilt Enzian als die bitterste pflanzliche Bitterstoffdroge mit einem Bitterwert zwischen 10.000 und 25.000. Verantwortlich dafür sind vor allem das bittere Disaccharid Gentiobiose, die bitteren Secoiridoide und das Secoiridoidglycosid Amarogentin. Amarogentin gilt als die bitterste natürlich vorkommende Substanz überhaupt, mit einem Bitterwert von 58.000.000 – das bedeutet, dass 1 g Amarogentin noch in 58.000 l Wasser wahrnehmbar sind [Wölfle & Schempp, 2018; De Vita et al., 2021; Jiang et al., 2020].
Weitere Informationen siehe „Bitterstoffe“.