Zu den verzweigtkettigen Aminosäuren (BCAAs) zählen aufgrund ihrer ähnlichen Struktur L-Leucin, L-Isoleucin und L-Valin, deren Gemeinsamkeit die Methylgruppenverzeigungen sind. Alle 3 sind essentielle proteinogene Aminosäuren und müssen folglich mit der Nahrung zugeführt werden. Gute Quellen sind dabei Eier und Fleisch. L-Leucin wird den ketogenen und L-Valin den glucogenen Aminosäuren zugeordnet, während L-Isoleucin sowohl ketogen als auch glucogen abgebaut werden kann [Holeček et al., 2018]. Nach der Transaminierung und der oxidativen Decarboxylierung trennen sich die Abbauwege der BCAAs in einzelne Enzym-katalysierte Wege [Kurpad et al., 2006]. Die Supplementation von Leucin, Isoleucin und Valin sollte dabei ca. im Verhältnis 2:1:1 erfolgen. Im Gegensatz zu den anderen Aminosäuren werden L-Leucin, L-Isoleucin und L-Valin nicht nur in der Leber verstoffwechselt, sondern sind in anderen Geweben, vor allem in der Skelettmuskulatur, lokalisiert. Auch im Blut befinden sich in der Regel hohe Konzentrationen an BCAAs. Somit stehen diese dem Körper schnell zur Verfügung, welches ihnen einen enormen Vorteil für Muskeln und Gehirn verschafft [Holeček et al., 2018]. Die BCAAs haben in der Gesellschaft besondere Aufmerksamkeit in der Sportindustrie erlangt, denn hohe BCAA-Spiegel sollen den Proteinaufbau fördern. Dabei dienen diese nicht nur direkt als Substrate für die Proteinsynthese, sondern stimulieren über Zwischenschritte die Proteinsynthese und hemmen die Proteolyse. L-Leucin ist dabei der größte Aktivator des mTOR, welches die Proteinsynthese reguliert. Somit zählt L-Leucin als besonders anabol. [Plotkin et al., 2021, McGarrah et al., 2023]. Grundlage allerdings ist, dass alle essentiellen Aminosäuren in ausreichender Menge vorhanden sind [Wolfe et al., 2017]. Für eine Leberzirrhose ist ein gestörter Aminosäuremetabolismus und niedrige BCAA-Spiegel charakteristisch. Durch eine Supplementation konnte das Risiko für Komplikationen (z. B. Aszites) um 30 % reduziert werden [Du et al., 2022]. Auch bei einer Phenylketonurie ist neben der phenylalaninarmen Ernährung die Gabe on BCAAs eine Therapieoption, damit weniger Phenylalanin ins Gehirn gelangt. Die verzweigt-kettigen Aminosäuren konkurrieren an der Blut-Hirn-Schranke mit den aromatischen Aminosäuren (Phenylalanin, Tyrosin und Tryptophan) um denselben Transporter und können somit die Neurotransmission beeinflussen. Dies sollte bei einer lang anhaltenden Supplementation berücksichtigt werden. Es sind keine nachteiligen Effekte auch bei einer höheren Dosierung bekannt [Nie et al., 2018]. Allein bei der Ahornsirup-Krankheit kommt es aufgrund von Defekten in der Genkodierung des BCKDC (Branched-chain α-ketoacid dehydrogenase complex) zu neurologischen Schäden durch die Anreicherung von BCAAs. BCAAs können den Glukose- und Lipidstoffwechsel über den Phosphatidylinositol-3-Kinase (PI3K)-AKT-Weg regulieren. Die Analyse des Signalweges zeigte, dass Isoleucin die Glukoseaufnahme durch PI3K vermittelt, aber unabhängig von mTOR ist. Ile verhindert den Anstieg der Plasmaglukosekonzentration, stimuliert die Glukoseaufnahme in der Skelettmuskulatur und hat auch eine vorbeugende Wirkung auf die Entwicklung von viszeraler Adipositas und Hyperinsulinämie. Im Vergleich zu Leu und Val senkt Ile den Plasmaglukosespiegel in einem oralen Glukosetoleranztest bei normalen Ratten signifikant stärker [Nie et al., 2018].