Was ist Vitamin E? Formen & Funktionen erklärt | Neurolab
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Darstellung natürlicher Vitamin-E-Quellen wie Sonnenblumen, Nüsse und Getreide mit Molekülstruktur im Hintergrund.

E – ssentiell für deinen Körper: Was Sie über Vitamin E wissen sollten (Teil 1)

Vitamin E gehört zur Gruppe der fettlöslichen Vitamine und bezeichnet eine Gruppe von 8 Vitameren (Vitaminanaloga), die sich in zwei Hauptgruppen – die sog. Tocopherole und Tocotrienole – mit jeweils vier Vertretern (α, β, γ, δ) aufteilen.

Diese achtköpfige Vitamin-E-Familie hat einen Chromanolkopf mit einem Kohlenwasserstoffschwanz, der an der 2.Position des Rings befestigt ist. Die Tocopherolgruppe besteht aus einer gesättigten Phytyl-Seitenkette, während Tocotrienol eine ungesättigte Isoprenoid-Seitenkette mit drei trans-Doppelbindungen aufweist. Darüber hinaus besitzen Tocopherole drei chirale Zentren, was zu acht möglichen Stereoisomeren führt, während Tocotrienole nur ein chirales Zentrum aufweisen. Die vier verschiedenen Formen unterscheiden sich durch die Anzahl und Position der Methylgruppen am Chromanolring [Ranasinghe et al., 2022].

α-Tocopherol: Diese Form besitzt drei Methylgruppen am Chromanolring. Sie gilt als die biologisch aktivste Form von Vitamin E im menschlichen Körper und wird von der Leber bevorzugt aufgenommen und im Blut transportiert. Natürlich hohe Konzentrationen sind im Sonnenblumenöl oder Erdnüssen zu finden.

β-Tocopherol: β -Tocopherol weist Methylgruppen an den Positionen R1 und R3 des Chromanolrings auf. Es ist in vielen Pflanzenölen in geringen Mengen vorhanden.

γ-Tocopherol: γ -Tocopherol hat Methylgruppen an den Positionen R2 und R3 des Chromanolrings. Es ist die am häufigsten vorkommende Form von Vitamin E in der typischen nordamerikanischen Ernährung. Pflanzliche Quellen bieten Walnüsse, Sojaöl und Sesamsaaten.

δ-Tocopherol: Diese Form besitzt eine Methylgruppe an der Position R3 des Chromanolrings. Es findet sich vor allem in Sojabohnen- und Maisöl.

α-Tocotrienol: Strukturell ähnlich dem α -Tocopherol, besitzt es drei Methylgruppen am Chromanolring.

β-Tocotrienol: Ähnelt dem β -Tocopherol und weist Methylgruppen an den Positionen R1 und R3 auf. Es wurde aus verschiedenen Weizensorten isoliert.

γ-Tocotrienol: Ähnlich dem γ -Tocopherol, mit Methylgruppen an den Positionen R2 und R3. Es ist in Palm- und Reiskleieöl enthalten.

δ-Tocotrienol: Ähnelt dem δ -Tocopherol und besitzt eine Methylgruppe an Position R3. Es kommt in Annatto-Samen vor.

[Mohd Zaffarin et al., 2020].

Nur eine Form, α-Tocopherol, deckt den Vitamin-E-Bedarf des Menschen und kann somit einen klassischen Vitamin-E-Mangel ausgleichen. Alle Vitamin-E-Formen (Tocopherole und Tocotrienole) werden über Fett gemeinsam mit Chylomikronen aufgenommen. In der menschlichen Leber findet eine selektive Bindung des α-Tocopherol an das α-Tocopherol -Transferprotein (α-TTP) statt. α-TTP schützt es vor Abbau (Metabolisierung) und sorgt dafür, dass es weitertransportiert wird. Das gebundene α-Tocopherol wird in Lipoproteine eingebaut und über das Blut an extrahepatische Gewebe verteilt. Andere Formen (z. B. γ- oder δ-Tocopherol, Tocotrienole) werden nicht oder nur sehr schwach von α-TTP gebunden, d.h. sie werden schneller verstoffwechselt und ausgeschieden. Das erklärt, warum α-Tocopherol die dominierende Vitamin-E-Form im Blut ist [Ranasinghe et al., 2022].

Warum unterschiedliche Formen?

Der wesentliche strukturelle Unterschied zwischen Tocopherolen und Tocotrienolen liegt in der Beschaffenheit ihrer Seitenkette. Tocopherole haben eine gesättigte Phytylkette, während Tocotrienole eine ungesättigte Isoprenoidkette mit drei Doppelbindungen aufweisen. Dieser Unterschied in der Sättigung kann die physikalischen Eigenschaften der Moleküle beeinflussen, und zu unterschiedlichen biologischen Aktivitäten und Stoffwechselwege im Körper führen könnten. Es gibt Hinweise darauf, dass die Tocotrienole aufgrund ihres ungesättigten Isoprenoid-Schwanzes im Vergleich zum Phytyl-Schwanz des Tocopherols besser durch die Phospholipid-Doppelschicht der Zellmembran diffundieren können [Ranasinghe et al., 2022].

Funktionen/Wirkungen von Vitamin E

Obwohl Alpha-Tocopherol traditionell als die wichtigste Form von Vitamin E angesehen wurde, deuten die wachsenden Forschungsergebnisse darauf hin, dass alle acht Isomere potenziell gesundheitliche Vorteile bieten können.

Die primäre biologische Funktion von Vitamin E ist seit langem als die eines Antioxidans anerkannt, das Zellmembranen vor Schäden durch freie Radikale schützt. Ein wichtiger Mechanismus, durch den Vitamin E seine antioxidative Wirkung entfaltet, ist die Unterbrechung der Lipidperoxidation. Diese Kettenreaktion, die den oxidativen Abbau von mehrfach ungesättigten Fettsäuren in Zellmembranen beinhaltet, kann durch Vitamin E gestoppt werden, indem es mit den Lipidperoxylradikalen reagiert und diese in stabilere Produkte umwandelt. Auf molekularer Ebene neutralisiert Vitamin E freie Radikale durch die Spende eines Wasserstoffatoms aus seiner phenolischen Hydroxylgruppe am Chromanring. Das entstandene Vitamin-E-Radikal kann dann durch andere Antioxidantien, wie beispielsweise Vitamin C (Ascorbat) oder Glutathion, wieder in seine reduzierte, aktive Form zurückgeführt werden. Da sie eine ähnliche phenolische Gruppe besitzen, wird allen Vitamin-E-Formen eine starke antioxidative Wirkung zugeschrieben. Andererseits wird vermutet, dass Tocotrienole besser als α-Tocopherol Peroxylradikale auffangen können, da sie gleichmäßiger in der Phospholipid-Doppelschicht verteilt sind und effektiver mit Lipid-Peroxylradikalen interagieren als Tocopherole in der Membranumgebung [Jiang et al., 2014; Oregon State University, Linus-Pauling-Institute, 2025; Niki, 2015].

Welche individuellen Vorteile von den jeweiligen Vitamin E-Formen ausgehen, stellen wir Ihnen in zukünftigen Blogbeiträgen vor.

Quellen:

Jiang Q. Natural forms of vitamin E: metabolism, antioxidant, and anti-inflammatory activities and their role in disease prevention and therapy. Free Radic Biol Med. 2014 Jul;72:76-90. doi: 10.1016/j.freeradbiomed.2014.03.035. Epub 2014 Apr 3. PMID: 24704972; PMCID: PMC4120831. https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC4120831/#S10

Linus Pauling Institute, Oregon State University. (2024). Vitamin E [Internet]. https://lpi.oregonstate.edu/mic/vitamins/vitamin-E

Mohd Zaffarin AS, Ng SF, Ng MH, Hassan H, Alias E. Pharmacology and Pharmacokinetics of Vitamin E: Nanoformulations to Enhance Bioavailability. Int J Nanomedicine. 2020 Dec 8;15:9961-9974. doi: 10.2147/IJN.S276355. PMID: 33324057; PMCID: PMC7733471. https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC7733471/

Niki E. Evidence for beneficial effects of vitamin E. Korean J Intern Med. 2015 Sep;30(5):571-9. doi: 10.3904/kjim.2015.30.5.571. Epub 2015 Aug 27. PMID: 26354050; PMCID: PMC4578028. https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC4578028/

Ranasinghe R, Mathai M, Zulli A. Revisiting the therapeutic potential of tocotrienol. Biofactors. 2022 Jul;48(4):813-856. doi: 10.1002/biof.1873. Epub 2022 Jun 20. Erratum in: Biofactors. 2023 Jan;49(1):185. doi: 10.1002/biof.1893. PMID: 35719120; PMCID: PMC9544065. https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC9544065/#biof1873-sec-0001