1. Homocysteinspiegel senken - natürlich | Neurolab
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Symbolbild für erhöhten Homocysteinspiegel und natürliche Maßnahmen zur Senkung durch Ernährung und Vitamine.

Wie senkt man zu hohe Homocysteinspiegel?

Was ist Homocystein und woher kommt es?

Homocystein ist ein Zwischenprodukt des Methionin-Stoffwechsels und entsteht unvermeidbar im Methylierungszyklus (auch Methionin-Zyklus). Dabei wird aus Methionin der universelle Methylgruppendonator S-Adenosylmethionin (SAMe) gebildet. Wird SAMe in einem Methylierungsprozess genutzt, entsteht erst S-Adenosylhomocystein (SAH) und schließlich Homocystein. Unter physiologischen Bedingungen wird Homocystein entweder erneut in Methionin umgewandelt (Remethylierung) oder weiter zu Cystein verstoffwechselt (Transsulfurierung). Zu einem Anstieg der Homocysteinspiegel kann es kommen, wenn dieser Stoffwechsel gestört ist, beispielsweise durch einen Mangel an essentiellen Cofaktoren wie Vitamin B6, B12 oder Folsäure. Auch eine eingeschränkte Nierenfunktion, genetische Polymorphismen im Folat-Stoffwechsel sowie bestimmte Medikamente können zu erhöhten Homocysteinspiegeln führen [Oregon State University, Linus-Pauling-Institute, 2025; Son et al., 2022; Martí-Carvajal et al., 2017; Sitdikova et al., 2023].

Homocystein: Ein Risikofaktor für Herz, Gefäße und Gehirn

Chronisch erhöhte Homocysteinwerte gelten als kardiovaskulärer und cerebrovaskulärer Risikofaktor. Die pathobiochemischen Mechanismen, über die Homocystein seine schädliche Wirkung auf Blutgefäße vermittelt, sind noch nicht vollständig aufgeklärt, umfassen aber oxidativen Stress, Inflammation, die sog. Protein-Homocysteinylierung, TLR4- und NMDA-Aktivierung, sowie verminderte Level der zirkulierenden vasodilatatorischen Gasotransmitter NO und H2S. Während die Rolle als kardiovaskulärer Risikofaktor seit Jahren bekannt ist, rückt die Bedeutung von Homocystein als Risikofaktor für neurodegenerative Erkrankungen vor allem in den letzten Jahren verstärkt in den Vordergrund [Gospodarczyk et al., 2022; Yuan et al., 2022; Beltowski 2005; Stühlinger et al., 2001]. Ein umfassender Review von 2020 zeigte eine deutliche Korrelation zwischen Hyperhomocysteinämie und dem Risiko an Alzheimer zu erkranken. Weitere Korrelationen gibt es zwischen hohem Homocystein und der Stärke der Ausprägung depressiver Verstimmungen, sowie zwischen Homocysteinwerten und dem Auftreten weiterer psychischer Störungen wie Schizophrenie oder bipolaren Störungen [Yu et al., 2020; Fan et al., 2024; Luzzi et al., 2022; Moretti et al., 2022]. Auf Basis dieser Erkenntnisse wird das Management physiologischer Homocysteinspiegel zunehmend wichtiger für die Präventionsmedizin. Auch in der Longevity-Szene hat sich Methionin-Restriktion als mögliche Strategie zur Lebensverlängerung etabliert. Experimente an Labortieren zeigen vielversprechende Ergebnisse, da diese unter Methionin-reduzierter Ernährung signifikant länger lebten [Hoffman, 2019] – allerdings fehlen bislang belastbare Daten zur Übertragbarkeit auf den Menschen.

Strategien zum Senken von einem zu hohen Homocysteinspiegel

Die entscheidende Frage ist daher: Was kann man bei zu hohen Homocysteinwerten aktiv tun? Im Folgenden beleuchten wir die Rolle wichtiger Cofaktoren und weitere orthomolekulare Strategien.

Um zu hohe Homocysteinwerte zu senken, stehen dem Körper primär zwei Stoffwechselwege zur Verfügung, die man orthomolekular durch bestimmte Mikronährstoffe unterstützen kann. Der eine ist die Remethylierung von Homocystein zurück zum L-Methionin und die andere die Transsulfurierung von Homocystein über Cystathionin zu L-Cystein.

Remethylierung zu L-Methionin (2 Wege)

Die Methylierung von Homocystein zurück zum L-Methionin ist über zwei Wege möglich.

1) Folat-Zyklus: Folat, B12, B6, B2, Serin, Glycin

Der Folat-Zyklus ist intrinsisch mit dem Methionin-Zyklus verbunden. Methylfolat (5-MTHF) überträgt seine Methylgruppe im Folat-Zyklus auf Cobalamin (Vitamin B12). Methylcobalamin kann wiederum als Methylgruppenspender für die Remethylierung von Homocystein zum L-Methionin fungieren.

Vollständig funktionaler Folat-Zyklus: Funktioniert der Folat-Zyklus uneingeschränkt, entsteht bei dieser Reaktion THF (5,6,7,8-Tetrahydrofolat, FH4) welches im Folat-Zyklus B6-abhängig zu 5,10-Methylen-THF umgewandelt wird – dafür bedarf es jedoch C1-Einheiten die entweder der Umwandlung von Serin zu Glycin entstammen oder der Decarboxylierung von Glycin. 5,10-Methylen-THF wird über das Enzym Methylentetrahydrofolat-Reduktase (MTHFR) FAD-abhängig (Vitamin B2) umgewandelt in 5-MTHF (Methylfolat).

Glycin ist darüber hinaus maßgeblich an der Regulierung der zellulären Methylierungskapazität beteiligt (SAM:SAH Ratio). Dazu bald mehr.

[Savic-Hartwig et al., 2024; Bajic et al., 2022; Eilat-Adar et al., 2013]

MTHFR-Polymorphismen:

Der letztbeschriebene Schritt im Folat-Zyklus wird durch das Enzym Methylen-THF-Reduktase (MTHFR) katalysiert. Ein großer Teil der Bevölkerung trägt hier aber einen Genpolymorphismus (C677T). Während heterozygote Merkmalsträger noch einen funktionalen Folat-Zyklus aufweisen, ist dieser bei homozygoten Trägern so stark eingeschränkt, dass dies den Abbau von Homocystein maßgeblich negativ beeinflussen kann. Darüber hinaus existieren weitere Polymorphismen wie A1298C. Die C677T-Genvariante des MTHFR-Enzyms tendiert dazu seinen Cofaktor FAD (aus Riboflavin (B2)) zu „verlieren“ (thermolabile Enzym-Variante), da dieser weniger gut im Enzym fixiert ist. Es hat sich herausgestellt, dass homozygote Merkmalsträger davon profitieren bereits kleine Mengen Vitamin B2 zu supplementieren. Dies führte in homozygoten Merkmalsträgern zu einem signifikanten Absinken des Homocysteinwerts. Ansonsten kann die Problematik dadurch umgangen werden, direkt Methylfolat (5-MTHF) zuzuführen, um den Folat-Zyklus zu speisen [Yakub et al., 2012; Zarembska et al., 2023; Moll et al., 2015; McNulty et al., 2006].

2) Remethylierung mittels Betain (Trimethylglycin – TMG)

Neben den Methylgruppen des Folat-Zyklus kann Betain (Trimethylglycin) als Methylgruppenspender für die Remethylierung von Homocystein herangezogen werden. Die Übertragung der Methylgruppe wird vermittelt durch das Enzym Betaine-Homocysteine Methyltransferase (BHMT) – ein Zink-abhängiges Enzym. Unter physiologischen Bedingungen werden bis zu 50% des Homocysteins über diesen Weg verstoffwechselt. Voraussetzung ist eine ausreichende Versorgung mit Betain oder der metabolischen Vorstufe Cholin. Der Homocystein-senkende Effekt von Betain ist gut dokumentiert. Von Seiten der EFSA gibt es sogar einen offiziellen Healthclaim zu Betain: „Betain trägt zu einem normalen Homocystein-Stoffwechsel bei“.

[Savic-Hartwig et al., 2024; Bajic et al., 2022; McRae 2013; Eilat-Adar et al., 2013]

Transsulfurierung zu Cystein

Neben der Remethylierung wird Homocystein im Rahmen der Transsulfurierung weiter verstoffwechselt.

Die Transsulfurierung von Homocystein führt über das Zwischenprodukt Cystathionin zum L-Cystein – dabei handelt es sich zudem um den klassischen Bildungsweg von L-Cystein im Stoffwechsel, welches dann als Ausgangssubstanz zahlreicher weiterer Verbindungen dient (Glutathion, Taurin …).

Der erste Schritt dieser Umwandlung wird durch das Enzym Cystathionin-β-Synthase (CBS) katalysiert. Hier wird Homocystein     an die Aminosäure Serin gebunden um Cystathionin zu bilden. Cystathionin wird im zweiten Schritt durch die Cystathionin-gamma-Lyase (CSE) in L-Cystein, alpha-Ketoglutarat und Ammoniak umgewandelt. Beide enzymatischen Schritte sind abhängig von Pyridoxalphosphat (Vitamin B6).

[Savic-Hartwig et al., 2024; Bajic et al., 2022; McRae 2013; Eilat-Adar et al., 2013]

Wir fassen zusammen:
  • Homocystein ist ein kardiovaskulärer und cerebrovaskulärer Risikofaktor mit hoher Bedeutung für die Prävention neurodegenerativer Erkrankungen.
  • Homocystein kann über zwei Stoffwechselwege metabolisiert werden: Remethylierung und Transsulfurierung. Genetische Polymorphismen der beteiligten Enzyme im Methionin-Zyklus und des eng verknüpften Folat-Zyklus, sowie ein Mangel an wichtigen Cofaktoren der beteiligten Enzyme begünstigen hohe Homocysteinwerte.
  • Goldstandard der orthomolekularen Medizin für das Management hoher Homocysteinwerte ist ein Komplex der B-Vitamine: Methylfolat, Vitamin B12 und Vitamin B6, sowie der Einsatz von Betain (TMG). Sowohl der Einsatz der B-Vitamine als auch von Betain ist gut untersucht. Die Magnitude des Effekts ist aber von der individuellen genetischen Ausgangslage abhängig.
  • Primär wichtig: Versorgung mit Methylfolat, B12, B6, Betain (TMG)
  • Bei bestimmten Polymorphismen hilfreich: B2
  • Ggf. nützlich: Glycin, Serin und Zink
  • Magnesium & Kalium (allosterische Cofaktoren (ATP-assoziiert) bei SAMe-Bildung, Enzym: MAT1A)
Quellen:

Bajic, Z., Sobot, T., Skrbic, R., Stojiljkovic, M. P., Ponorac, N., Matavulj, A., & Djuric, D. M. (2022). Homocysteine, Vitamins B6 and Folic Acid in Experimental Models of Myocardial Infarction and Heart Failure-How Strong Is That Link? Biomolecules, 12(4), 536. https://doi.org/10.3390/biom12040536

Bełtowski, J. (2005). Protein homocysteinylation: a new mechanism of atherogenesis? Postepy Hig Med Dosw (Online), 59, 392–404. PMID: 16106241

Eilat-Adar, S., Sinai, T., Yosefy, C., & Henkin, Y. (2013). Nutritional recommendations for cardiovascular disease prevention. Nutrients, 5(9), 3646–3683. https://doi.org/10.3390/nu5093646

Fan, N., Zhao, W., Yun, Y., Bai, L., An, H., Zhang, Q., … & Yang, F. (2024). Homocysteine levels in first-episode patients with psychiatric disorders. Frontiers in Psychiatry, 15, 1380900. https://doi.org/10.3389/fpsyt.2024.1380900

Gospodarczyk, A., Marczewski, K., Gospodarczyk, N., Widuch, M., Tkocz, M., & Zalejska-Fiolka, J. (2022). Homocysteine and cardiovascular disease – a current review. Wiad Lek, 75(11 Pt 2), 2862–2866. https://doi.org/10.36740/WLek202211224

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Linus Pauling Institute, Oregon State University. (2025). High Homocysteine [Internet]. https://lpi.oregonstate.edu/mic/health-disease/high-homocysteine

Luzzi, S., Cherubini, V., Falsetti, L., Viticchi, G., Silvestrini, M., & Toraldo, A. (2022). Homocysteine, Cognitive Functions, and Degenerative Dementias: State of the Art. Biomedicines, 10(11), 2741. https://doi.org/10.3390/biomedicines10112741

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Yu, J. T., Xu, W., Tan, C. C., Andrieu, S., Suckling, J., Evangelou, E., … & Vellas, B. (2020). Evidence-based prevention of Alzheimer’s disease: Systematic review and meta-analysis of 243 observational prospective studies and 153 randomised controlled trials. Journal of Neurology, Neurosurgery & Psychiatry, 91(11), 1201–1209. https://doi.org/10.1136/jnnp-2019-321913

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