Palmitoylethanolamid (PEA) ist ein endogenes cannabinoidmimetisches Fettsäureamid und gehört zu den Acetylethanolaminen. Es wurde erstmals aus Sojalecithin, Eigelb und Erdnussmehl isoliert. Es wird bei Bedarf in der Lipiddoppelschicht synthetisiert, wirkt lokal und ist in allen Geweben, auch im Gehirn, zu finden (Clayton et al., 2021).
Die Synthese von Palmitoylethanolamid (PEA) erfolgt in einer sogenannten „On-demand“-Weise. Dies impliziert, dass Zellen PEA dann produzieren, wenn es erforderlich ist, insbesondere wenn Zellen oder Gewebe geschädigt werden oder eine Verletzung droht. Bei langanhaltenden Schmerzen kann es jedoch zu einem Defizit an PEA kommen, da chronische Entzündungszustände zu niedrigeren PEA-Spiegeln führen. Die exogene Verabreichung von PEA kann in solchen Fällen dazu dienen, den Spiegel des endogenen PEA wieder aufzufüllen und seine schützende, entzündungshemmende und schmerzlindernde Wirkung wiederherzustellen (Clayton et al., 2021).
Ein großer Teil der bisherigen Forschung zu PEA ist seinen analgetischen Eigenschaften gewidmet. PEA ist für seine Interaktion mit dem Endocannabinoidsystem bekannt, insbesondere durch seine Wirkung auf Cannabinoidrezeptoren. PEA hemmt das hydrolytische Enzym FAAH (Fettsäureamid-Hydroxylase) und verstärkt somit die Aktivität von Anandamid, einem weiteren Endocannabinoid, an Vanilloidrezeptoren (TRPV1). PEA hemmt auch das hydrolytische Enzym FAAH (Fettsäureamid-Hydroxylase), wodurch es die antiinflammatorischen und schmerzlindernden Effekte von AEA (Anandamid, N-Arachidonyl-Ethanolamin), welches oft gemeinsam mit PEA produziert wird, verstärkt – der so genannte „Entourage-Effekt“. Zusätzlich wird die analgetische Wirkung über Vanilloidrezeptoren vermittelt, die Teil eines breiteren Signalnetzwerks sind, das Lipidmoleküle mit zellulären Reaktionen bei Schmerzen und Entzündungen verbindet (Varrassi et al., 2024). Als Hauptzielmolekül von PEA wird auch der Kernrezeptor PPARα (Peroxisomen Proliferator-aktivierter Rezeptor) genannt, über den neuroprotektive und entzündungshemmende Effekte über die Reduzierung proinflammatorischer Zytokine vermittelt werden können. Zytokine spielen eine wichtige Rolle bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von chronischen Schmerzzuständen. Sie sind Signalmoleküle, die bei Entzündungen freigesetzt werden und zur Sensibilisierung von Nozizeptoren und zum Schmerzempfinden insgesamt beitragen. Außerdem stimuliert PEA die Aktivität des G-Protein-gekoppelten Rezeptors 55 (GPR55) (Rankin et al., 2020; Clayton et al., 2021).
PEA wurde in präklinischen Modellen als endogener Schutzmediator für entzündliche und neuropathische Schmerzen untersucht, und seine Wirksamkeit wurde bei klinischen Erkrankungen wie Osteoarthritis und Gelenkschmerzen, neuropathischen Schmerzen, postoperativen Schmerzen, Fibromyalgie und Endometriose nachgewiesen (Clayton et al., 2021). PEA kann auch gezielt bei Migräne eingesetzt werden (Briskey et al., 2024).
Ein valider Indikator für die Effektivität eines Analgetikums ist die „Number Needed to Treat“ (NNT), welche die Anzahl der Patienten quantifiziert, die behandelt werden müssen, um bei einem Patienten eine bestimmte therapeutische Wirkung zu erzielen. Es ist bemerkenswert, dass Palmitoylethanolamid (PEA), ein körpereigener Schmerzmodulator, bei der Behandlung von chronischen Schmerzen eine NNT von 1,7 aufweist. Im Vergleich dazu zeigt Amitriptylin, das auch zur Schmerzbehandlung verwendet wird, eine NNT von 4,6. (Keppel et al., 2013).
Die analgetische Wirksamkeit und Sicherheit von PEA machen es zu einem vielversprechenden alternativen Kandidaten für die Behandlung von Schmerzzuständen.
Briskey D, Skinner R, Smith C, Rao A. Effectiveness of Palmitoylethanolamide (Levagen+) Compared to a Placebo for Reducing Pain, Duration, and Medication Use during Migraines in Otherwise Healthy Participants-A Double-Blind Randomised Controlled Study. Pharmaceuticals (Basel). 2024 Jan 23;17(2):145. doi: 10.3390/ph17020145. PMID: 38399360; PMCID: PMC10892859.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/38399360/
Clayton P, Hill M, Bogoda N, Subah S, Venkatesh R. Palmitoylethanolamide: A Natural Compound for Health Management. Int J Mol Sci. 2021 May 18;22(10):5305. doi: 10.3390/ijms22105305. PMID: 34069940; PMCID: PMC8157570.
https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC8157570/
Keppel Hesselink JM. Primumnon Nocere: Supplements as Analgesics, a Neglected Area. J Pain Relief. 2013;2:e116. doi: 10.4172/2167-0846.1000e116.
https://www.omicsonline.org/open-access/primumnon-nocere-supplements-as-analgesics-a-neglected-area-2167-0846.1000e116.php?aid=20017
Rankin L, Fowler CJ. The Basal Pharmacology of Palmitoylethanolamide. Int J Mol Sci. 2020 Oct 26;21(21):7942. doi: 10.3390/ijms21217942. PMID: 33114698; PMCID: PMC7662788. https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC7662788/
Varrassi G, Rekatsina M, Leoni MLG, Cascella M, Finco G, Sardo S, Corno C, Tiso D, Schweiger V, Fornasari DMM, Paladini A. A Decades-Long Journey of Palmitoylethanolamide (PEA) for Chronic Neuropathic Pain Management: A Comprehensive Narrative Review. Pain Ther. 2024 Dec 4. doi: 10.1007/s40122-024-00685-4. Epub ahead of print. PMID: 39630391.
https://link.springer.com/article/10.1007/s40122-024-00685-4
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